Donnerstag, 17. August 2017

Tschernobyl Tag 04 13.08.2017

Tschernobyl wir kommen…

Aufstehen, Sachen schnappen und raus zum Auto – wir gingen dann noch die Gössergirls holen und fuhren los Richtung Prypjat. Nach einer halben Stunde stoppten wir bei einer Tanke und kauften Frühstück, Kaffee, ein Ciabatta – so in etwa. Nach uns kamen einige große Busse von Tschernobyl Welcome Tours an – vorwiegend mit Ukrainern besetzt. Wir fuhren weiter und erreichten den Checkposten bei der 30km Sperrzone. Pässe raus, Taschen raus… Ich bin dran – auf der Liste steht „Mandl Alexander“ im Pass steht „Dipl. Ing. Mandl, MBA Alexander Michael“ – das Drama nimmt seinen Lauf. Der Militärheini, den sie dort zum Pässe kontrollieren hingestellt haben, macht stress – er will das nicht kapieren – na gut – wenn ich den drei Jährigen Kindergarten als Ausbildung hätte, würde ich das auch nicht kapieren wollen. Nach gut 10 Minuten darf ich doch rein und wir schaffen es gerade mal vor dem Tross von Chernobyl Welcome…
Keine 20 Minuten später sind wir in Tschernobyl. Der Geigerzähler regt sich kaum und liegt knapp über den Werten, die wir auch in Österreich haben. Die Stadt selber hatte 12.000 Einwohner, war zwar die Hauptstadt des gleichnamigen Distrikts aber sonst eigentlich unbedeutend und wurde auch kaum verstrahlt. Da aber die anderen nicht verstanden hätten, warum sie bis 30km weg die Gegend räumen mussten und Tschernobyl nicht geräumt wir, obwohl es eigentlich nahe an der 10km Grenze liegt, wurde es ebenfalls evakuiert. Hier gibt es vor allem viele vor sich hin verrottende Einfamilienhäuser und sonst eigentlich nichts Nennenswertes. Weiter ging es über einen Hafen und irgend ein Haus nach Prypjat. Beim Kindergarten waren zu viele Busse, so dass Olexandr es auf den nächsten Tag verlegte. Wir fuhren weiter zum Kühlturm von Reaktor 5. Dieser war, wie der Reaktor selbst, nur halb fertig gebaut, als die Katastrophe passierte. Die Gegend um den Kühlturm ist mit 10µS doch vergleichsweise stark verstrahlt. Die Strahlung nimmt aber mit der Höhe rasch ab. In Kopfhöhe waren es 3, in Hüfthöhe rund 6 und am Boden eben bis zu 10µS.
Der Kühlturm innen sieht imposant aus, obwohl nur die untere Hälfte gebaut worden ist. Wir machen viele Bilder und fahren weiter in die Stadt selbst. Am Hauptplatz wird gerade Simon der Fuchs gefüttert und wir lassen uns das Specktakel nicht entgehen. Das Vieh ist total zutraulich und wird von den Touristen mit Brot gefüttert. Wir wollen in ein Haus gehen und Olexandr erklärt uns, dass die Polizei unterwegs sei und wir nirgends rein könnten. Ich werde sauer und sage, dass Myhail uns das alles versprochen hätte. Olexandr zickt rum, wir werden lauter- plötzlich behauptet er, dass er ein Official sei – und wir sowieso zu tun hätten, was er sagt – das reicht jetzt, Myhail wird angerufen und er rückt Olexandr den Kopf gerade. Wir fahren zum Krankenhaus und machen aus, dass sie uns anrufen, sollte Polizei kommen – ist eh sinnlos, im Gebäude haben wir keinen Empfang. Im Krankenhauskeller ist ein Strahlungshotspott. Dort wurden die Gewänder der Liquidatoren reingeworfen. Man kann seit ein paar Monaten nicht mehr hinunter, weil die Eingänge mit Sand zugeschüttet wurden, was ich eigentlich für sinnvoll halte. Wir gehen in den ersten Stock… hier war die Neugeborenen Station auf der auch einige Kinder gestorben sind. Die Kinderbetten stehen noch herum. In einem liegt ein kleines Spielzeug… es sieht gespenstisch aus. Wir mach Fotos mit Gasmaske und Smiley und schauen und noch andere Räume an, rauf in den zweiten Stock – auch beklemmend. Wieder raus aus der Bude und weiter zur Kantine des Kraftwerks. Dort erwartet uns schon ein tolles Mahl aus Stocherkraut, irgendwelchen Kartoffelteilen und sonstigem Kram. Isa sortiert das Kraut und stochert darin herum – sie wurde auch zur Namensgeberin des Gerichts. Wieder zum Auto und in die Stadt. Zuerst geht es zur Musikschule, dann zum Yachtclub und später sehen wir uns noch das Hallenbad und die Schule an. Im Hallenbad machen wir einige schräge Fotos mit dem Smiley. Dann noch zum Hauptplatz und wieder zur Nahrungsaufnahme. Wir sind recht spät dran und müssen uns beeilen. Alle sind schon beim Auto, nur Isa sortiert noch das Kraut. Mir platzt der Kragen – ich gehe wieder zurück und hole sie.
Wir gehen zum Bahnhof, besteigen den Zug durch Weißrussland nach Slawutych und tuckern los. Manfred unterhält sich mit einer Ukrainerin, die ihm Handyfotos von Häusern aus Prypjat zeigt. Englisch kann sie nicht – was sich Olexandr gleich zu Nutzen macht und sie kräftig anbrät. In Slawutych  angekommen, schleifen wir unser Zeug zum einzigen Hotel und bekommen unterwegs auf Umwegen noch einige Denkmäler erklärt – ALTER! DIREKTER Weg zum Hotel! Morgen Taxi! Zimmer bezogen, Zeug reingeworfen und stinkend wie eine Yakherde noch was trinken gegangen. Olexandr erklärt uns eine Tradition, dass jeder einen Toast mit Wünschen für alle aussprechen muss – Prost – ich wünsche mir für uns, dass wir in alle Gebäude reinkommen, in die wir rein wollen – der Seitenhieb hat gesessen.

Wir geben dann dem Guide und dem Fahrer heute schon das Trinkgeld, einfach um sie für den nächsten Tag besser zu motivieren. Es sollte tatsächlich klappen. Zurück beim Hotel kommt der Fahrer mit zwei Flaschen Bier heraus und teilt sie zwischen ihm, Manfred und mir – er ist echt ein netter Kerl, kann kein Wort Englisch, ist aber sehr bemüht. Jetzt heißt es wie immer schneller schlafen, ist es ja schon wieder weit nach Mitternacht.