Vom Hotel startete
ich um 0900 zum Durbar Square. Die Gassen waren angenehm leer. Keine Tuktuks,
kaum Motorräder, nur ein paar Menschen. Unterwegs kam ich an einer kleinen
Stupa vorbei, bei der ein Mann ein Huhn mit Kokosnuss fütterte. Es war ein
beschaulicher Marsch. Beim Eingang zum Durbarsquare ist das Tickethäuschen –
750Rupees – genau, damit ich mir die Händler und paar falschen Babas ansehe?
Ich habe noch meinen Visitors Pass vom Vorjahr. Der ist zwar abgelaufen, aber
so genau schaut eh keine – überhaupt dann nicht, wenn man das Ding den
Kontrolleuren unaufgefordert unter die Nase hält. Also Gratiseintritt. Ich sah
mir die Tempel am Durbarsquare an. Die interessieren mich eigentlich schon
lange nicht mehr. Ist wie der Lindwurm am Neuen Platz bei uns. Da wissen
wahrscheinlich auch die Touristen eher, wie viele Kringel der Schwanz des
Drachens hat und ob die Keule beim Herkules links oder rechts hängt. So ähnlich
geht es mir mittlerweilen mit den Tempeln am Hauptplatz von Kathmandu. Sie
haben für mich ihren Reiz verloren. Dafür mag ich das bunte Treiben am Platz
umso mehr. Die Sadhus sahen mich und kamen sofort gelaufen – good Picture –
woher weißt du, ob ich von dir ein gutes Bild mache? Vielleicht mache ich aber
einen Sechsfingerbärli Verhau aus dir? Wer weiß das schon. Ich meine Nei Peisa
– er zeigt auf seinen Mund. Ja das will ich jetzt sehen. Ich lasse die Idioten
stehen und gehe erst einmal Bananen kaufen. Unterwegs werde ich von der
abartigen Menge an Tauben unterbrochen. Graufilter raus und Langzeitbelichten –
so viel Zeit und Muße muss sein. Ein paar Chinesen fragen mich ob ich Fotograf
sei – ja klar – super und jetzt muss ich mit denen posieren und sie machen
abwechselnd Handyfotos von mir mit ihnen. Ein paar Kinder spielen mit den
Tauben, scheuchen sie immer wieder auf und nehmen ihnen den Futtermais weg. Den
bringen sie jetzt mir – Klasse – was soll ich mit dem Zeug? Ich werfe es den
Tauben wieder zum Fraß vor. Endlich schaffe ich es Bananen zu kaufen, werde von
unzähligen Guides und Möchtegernguides angesprochen – where are you from? You
first time Durbarsquare? First Time Nepal? Nein den Scheißplatz kann ich dir
besser erklären als du mir. Also lassen wir das mal lieber. Ich will und
brauche keinen Guide. Eigentlich sollte ich mir eine Fahne zulegen auf der NO
GUIDE steht. Oder ich spanne einen Regenschirm auf und laufe vor einer
imaginären Gruppe her und bin selber Führer. Das ist vermutlich intellektuell
zu hoch für meine Flipflop Träger.
Die Sadhus kommen
wieder gelaufen. Money? Bakschisch? Ja klar – einen ganzen Sack voll du
geldgieriger Pseudoheiliger. In aller Ruhe drehe ich sie so, dass mir das Licht
passt. Ihr werdet schön posen. Gib die Hand runter und zieh deinen Bart nicht
so deppert auseinander. Danach kommt die Stunde der Wahrheit. Ich will ihnen
die Bananen geben. Sie werden sauer. Können aber nichts tun, weil die
Touristenpolizei überall ist. Sorry – you are no Baba – you are scum… Dann
greift einer der Babas doch zu und nimmt die Bananen. Und schön Danke sagen – geht
doch!
In der Zeischenzeit
telefoniere ich mit Milan und wir treffen uns in einem Kaffee am Ende des
Durbarsquares. Auf dem Weg dorthin quatscht mich noch ein Touristenpolizist an
– you have ticket? No – I have a
visitors pass und zeige ihn – Thank you.
Die Unterhaltung mit
Milan ist mühsam. Sein Englisch ist echt eine Katastrophe. Irgendwie schafft er
es mir zu erklären, dass er mich gerne auf den Betriebsausflug der Molkerei bei
der er Marketing Leiter ist, mitzunehmen. Milan das ist alles sehr nett aber
ich fahre morgen nach Nagarkot und habe schon alles arrangiert. Er setzt mich
später mit seinem Bike am Obst und Gemüsemarkt von Kalimati ab. Das ist
eigentlich der Markt der Großhändler. Am Eingang trinke ich einen Chai,
unterhalte mich mit den Händlern und mache Fotos. Der Platz ist immer wieder
ein Erlebnis. Touristen sieht man hier nicht. Deshalb bin ich hier auch so
etwas wie eine Attraktion. Viele wollen sich fotografiern lassen und dann die Fotos
sehen. Die Mandarinen bei einem Stand sehen zu verlockend aus – 5 kg 200 Rupees
– was soll ich mit 5kg. Gib mir einfach 1kg – Ok der Touri kriegt auch das – zu
50 Rupees – was für Kathmandu ein Spitzenpreis ist. Hinter einer der großen
Verkaufshallen durchstöbern ein paar Frauen den Abfall und klauben Kartoffel,
halbe Rettiche, Zwiebel und Bohnen aus dem Müll. Alles was noch irgendwie
verwertbar ist, wird eingesackt. Wenig später begegnet mir eine alte Frau, die
ebenfalls einen großen Sack am Buckel trägt und auch nach Abfällen sucht. Ich
sehe ihr eine Zeit lang zu, wie sie sich abmüht, den Sack abstellt, den Dreck
mit ihren verkrüppelten Fingern durchwühlt und dann wieder ein paar Tomaten und
Zwiebel findet. Der Sack ist schon ziemlich voll. Sie kann ihn kaum mehr heben
und wuchtet ihn gerade noch so auf den Rücken. Da sie mir echt Leid tut, gebe
ich ihr etwas Geld. Weil Milch, Zucker, Salz, Mehl und der Gleichen findet sie
hier nicht. Einigen geht es echt dreckig.
Langsam verlasse ich
den Markt und suche ein Taxi – Fehlanzeige. Hier gibt es keine Taxis. Dafür
bleibt ein Bus stehen. Ich frage Ratnapark, der Türheini nickt und ich steige
ein – 15 Rupees ist absolut OK. Quer durch die Stadt zum Buspark. Dort kriege
ich ein Taxi und fahre wieder zur Stupa von Bouddha. In aller Ruhe mache ich
Langzeitbelichtungen von den Gebetsfahnen, die im Wind wehen, schaue mir die
Stupa an und umrunde sie, gehe ein Bier trinken und mache ein Zeitraffer Video
und gehe schließlich noch ins Kloster. Hier ist gerade die Abendandacht am
Laufen. In einer Ecke hockt ein Mönch, der mit seinem Smartphone spielt und
ganz in Facebook vertieft ist. Er bekommt es nicht mit, dass ich ein paar echt
geniale Bilder von ihm mache. Das sehen aber seine Kollegen und schimpfen mit
ihm. Es ist den Mönchen sichtlich peinlich, dass ihr Kollege so unaufmerksam
ist. Die Bilder sind sozusagen – The shot of the day. Als es dunkel wird, nehme
ich ein Taxi und fahre zurück zum Hotel. Ich habe genug von Kathmandu für den
aktuellen Tag.