Von Jaipur fuhr ich
mit Sorry zuerst nach Fatehpur Sikri, einem alten Fort und Palastkomplex, der
nur 15 Jahre lang bewohnt war, weil es schier unmöglich war eine
Wasserversorgung aufrecht zu erhalten. Kurz vor der Stadt machten wir bei einer
Ziegelbrennerei halt. Die Kinder waren hier absolut nervig. Sie zerrten und zupften
an mir herum und grabschten sogar meine Objektive an. Eine Horde Flöhe ist lahm
dagegen. Die Arbeitsbedingungen bei der indischen Ziegelbrennerei waren im Gegensatz zu denen, die ich aus Nepal
kenne, human. Zwar arbeiteten auch hier Frauen mit, aber es war bei weitem
nicht so staubig wie in Nepal.
Vor den Ruinen war
ein Schlangenbeschwörer, dessen zwei Kobras ich mit meiner GoPro ärgerte, bis
sie wütend nach der Kamera schnappten. Das Video hochzuladen wird eine
spannende Aufgabe. Mit einem Bus ging es dann zum Eingang des alten Palastes.
Die Säulenhallen sind sehenswert und mich haben die alten Hamamanlagen mit
ihren halb verfallenen Kuppelbauten mehr fasziniert. Laut meinem Guide geht
hier kein Tourist her – ich sah auch nicht einmal Einheimische sich die Kuppeln
ansehen. Dabei geben diese Formen und Strukturen gerade in Schwarz Weiß extrem
gute Fotomotive ab. Nach dem Palastteil sahen wir uns noch die Mosche an. Es
war zu Kaiser Akhbars Zeiten die größte Mosche Indiens. Leider sind viele der
Fresken nicht mehr erhalten. Die Steinarbeiten und Torbögen sind aber sehr fein
gearbeitet und werden nur von den Intarsien beim Taj Mahal übertroffen. Suni
mein Guide war echt bemüht und hatte auch ein paar gute Fotolocation Ideen. Am
besten gefielen mir aber die Steinernen Fenstergitter bei dem Mausoleum des
heiligen Rauschebarts. Sorry – nicht der Fahrer – sorry, tut mir leid, aber wie
der moslemische Heilige hieß, habe ich mir nicht gemerkt. Keinem Einheimischen
oder Inder schien die Schönheit der Gitter aufzufallen. Alle liefen nur im
religiösen Wahn um den Schrein. Nur ein kleines Mädchen sah sich das Gitter an
und blickte verträumt in die Welt da draußen. Ob sie sich wohl vorgestellt hat,
wie es hier vor 500 Jahren aussah?
In dem Schrein
quatschte mich ein Inder an, der der Profifotograf der Stadt war. Er sah aus,
wie der junge Gaddhafi – hatte auch so ein kariertes Tuch um den Schädel
gewickelt, dicke Lippen und langes, schmieriges Haar. Er wollte wissen womit
ich fotografiere – Nikon – und welche? D60? D90? Oje… no much lower number… D4
ssags aber keinem. Er wollte ein paar Bilder sehen. Ich zeigte ihm was von der
Galerie auf dem Handy und er holte dann seine Canon Knipse – D50 oder so –
keine Ahnung – Canon ist mir zu gefährlich, dagegen bin ich nicht geimpft.
Seine Bilder waren – na ja – schlimm. Vor allem die Hochzeit, die er
fotografiert hatte. Alle Portraits waren im indischen Stil gemacht. Frontal,
knapp unter dem Knie abgeschnitten und viel Raum rund herum. Meine Omma würde
sie mögen, weil sie ihren Stil wieder erkennen würde. Er fragte mich, ob er von
mir lernen könne. Na bitte nicht – was soll ich dir beibringen? Ist ja nett
gemeint – aber bei dir ist Hopfen und Malz verloren, da ist sogar das
Sechsfinger Bärli aus Bad Sauerlach besser. Zurück zum Auto gingen wir zu Fuß,
weil der Bus voll war und ich nicht warten wollte – ja sind aber 1,5km meinte
Suni. Na extrem. Das schaffen wir nie…
Wieder beim Auto fuhr
ich mit Sorry los – ich fragte ihn ober schon gelyncht hat – yes lunch. Heißt
das nun du hast schon oder du hast schon No? Drei Minuten später sollte ich es
wissen. Wir hielten wieder an so einer Touristentränke. Ich sagte, dass ich im
Auto bleiben würde. Sorry ging zum Trog, Reis essen. Da humpelte ein Junger
Bettler zur Seitenscheibe und nervte rum. Er klopfte und kratzte an der
Scheibe, bis ich „Nei Yello“ was so viel wie Nein, Hau ab heißt, brüllte. Er
zog Leine und setzte sich wieder 10 Meter weit weg auf die Mauer. Ich stieg aus
und sah in mir an. Da tat er mir echt leid. Er wollte irgendeinen Scheiß
verkaufen, hatte einen verstümmelten Fuß, sah aber sonst ganz gepflegt aus.
Irgendwie echt ein armes Schwein. So um die 15 Jahre alt – sollte er eigentlich
in der Schule sitzen oder mit den Kumpels Cricket spielen. Er muss aber seinen
Lebensunterhalt selber verdienen. Ich redete mit ihm und gab ihm 50Rupees. Er
erzählte mir, dass er aus Agra kommt und jeden Tag hier her fährt. Hier sei
viel weniger Konkurrenz. Verblüffender Weise sprach er echt gut Englisch – ich sagte
ihm das und er meinte – yes, German, Spanisch, Russian. Überall hatte er einige
Sachen drauf. Schade um ihn – sein Leben ist echt verpfuscht. Trotzdem hatte er
ein freundliches Lächeln und war gut gelaunt. Jetzt kam ich mir echt mies vor,
dass ich ihn vorher so angeschrien hatte.
In Agra bezog ich das
Hotel. Meine Zimmertür sollte leider in Richtung Hotellobby zeigen. Am Abend
merkte ich, was das hieß. Im Partyraum zwei Stock tiefer im Keller feierte eine
Horde Inder mit vielen Kindern irgendein Fest. Die Kinder waren eine
Katastrophe – es war extrem laut. Ich rief bei der Rezeption an und forderte
sie auf den Lärm abzustellen – nix. Der Inder, der das Zimmer neben mir hatte,
kam auf die gleiche Idee und polterte auf den Flur. Er brüllte die Kinder auf
Hindi zusammen und auch den Manager, den ich vorher schon Gas gegeben hatte.
Gebracht hat es wenig. Nur weiß ich jetzt in welchen Zimmern sie wohnen. Na
wartet. Ich fahre morgen um 0500 auf die andere Seite vom Taj Mahal – da werde
ich euch alle vorher aufwecken und an eure Zimmertüren dreschen. Ja ich kann
sauer werden.
Um kurz vor
Mitternacht sollte auch noch mein Telefon klingeln. Irgendein irrer, besoffener
Inder hatte sich verwählt. Ich legte auf. Schon wieder klingelte es. Ich fragte
auf Englisch was er wolle – nur Hindi Gestammel – OK rede Englisch oder lass
mich in Ruhe. Ich lege auf, es klingelt… ich lasse hebe ab und sage nichts –
ein komischer Hindimonolog auf der anderen Seite. Nach fünf Minuten lege ich
auf. Es klingelt wieder – jetzt rede ich Hindi – ich zähle – nicht Schafe,
sondern Kühe. Ich kann bis 10 Zählen und weiß, dass Nandi Kuh heißt. Eg Nandi,
do nandi und dann wieder mmmmuuuuuhhh… das ist dem Inder doch nicht mehr
geheuer – er legt auf. Ich rufe zurück – tin nadi, char nandi… er legt auf. Ich
ruf ihn noch einmal an und muhe weiter – er schaltet sein Telefon aus, weil
plötzlich ist er nicht mehr erreichbar.