Irgendwie haben die im Reisebüro Mist gebaut und geschrieben, dass es
von Pushkar nach Bikaner nur 2 Stunden dauert und es rund 70km sind. Es sind
aber gut 250km und die Fahrt dauert mindestens 5 Stunden. Ich habe leider auch
nicht nachgedacht und so den Vorschlag von Sorry um 0800 zu starten gleich mal
über den Haufen geworfen und gemeint – it is URLAUB nix da – 1000. Um 1000
eierten wir los. Es ging über staubige Straßen oder besser gesagt durch eine
schier unendliche Aneinanderreihung von Schlaglöchern in Richtung Bikaner.
Unterwegs gibt es eine Stadt Namens Nagur – an der sollten wir eigentlich nur
vorbei fahren. Ich habe aber am Abend noch ein paar Sachen auf der Route
gegoogelt und gemeint – wir machen dort Mittagspause. Sorry meinte, er kenne
vor der Stadt eine super Touristenkneipe. NEIN ins Zentrum will ich und zwar
ins Alte – mit dem Fort und der Mosche. Gesagt getan, waren wir kurz vor 1400
beim Delhi Gate von Nagaur. Ich stiefelte gleich los und fand gleich viele
Freunde. So wie es den Anschein hatte, war ich der einzige Ausländer, der sich
dort hin verirrt hatte. Stand ja auch im Reiseführer, dass nur ganz wenige dort
stehen bleiben, was schade ist. Die Altstadt ist von einer mächtigen Mauer
umgeben, von der man nur mehr das Delhi Gate gut erkennen kann. In der Nähe der
Mosche ist noch ein muslimischer Friedhof für irgendwelche Würdenträger – muss
ich im Hotel googeln. Einmal Im Jahr – irgendwann im Jänner oder Februar – wird
ja durch den Mondkalender bestimmt – ist hier auch ein vier tägiger Kamelmarkt.
Das Nagaur Mela.
Bei Der Mosche wollten einige, dass ich sie fotografiere und dann auch
Fotos von sich mit mir machen. Hinter der Mosche befindet sich ein großer
Teich, um den sich malerisch die Häuser der Stadt schmiegen. Es hätte mich
geärgert, wenn ich hier nicht stehen geblieben wäre. Vom Ufer des kleinen Sees
erblickte ich eine zweite Mosche, zu der ich auch noch ging. Hier gibt es eine
Madrassa (Koranschule) Die Kinder hatten ihre Gaudi und ihre Lehrer waren echt
freundlich. Schuhe aus, füße waschen und rein. Eine Reihe Kinder wusch sich
auch gerade die Füße – auf die Fotos bin ich mal gespannt. Die Lehrer luden
mich dann in die Küche ein und gaben mir eine halbe Melone oder war es doch
eher ein Kürbis. So ganz konnte ich das nicht erkennen - es schmeckte nicht wirklich süß und war
auch noch gesalzen. Egal – ich musste es essen – man kann ja nicht die
Gastfreundschaft mit Füßen treten. Auch dort durfte ich problemlos Fotos
machen. Wieder zurück beim Delhi Gate suchte ich Sorry – er hatte das Auto in
der Nähe geparkt. Wir machten uns danach auf den Weg nach Deshnok zum Karni
Matala Tempel – oder besser gesagt – den Rattentempel. Sorry brachte mich zum
Haupteingang, der hauptsächlich für Inder gedacht war und nicht zum
Touristeneingang. Ich hatte das Pech, dass heute auch noch irgendein Fest war,
zu dem tausende Inder kamen. Die Schlange reichte weit bis auf den Vorplatz des
Tempels. Ich fragte einen Wachmann ob es für Touristen einen anderen Eingang
gäbe – klar gibt es, auf der anderen Seite. Also um das tempelding herum, quer
durch den Hof eines Privathauses, sonst hätte ich auch noch um einen Block
gehen müssen – die Schlange ist viel kürzer, aber auch hier drängen sich Inder.
Eine Gruppe Franzosen hat sich mir angeschlossen und wir drängen uns rein. Es
wird gerempelt und gestoßen – wir sind im Vortempel. Na super jetzt müssen wir
nur noch in die Hauptschlange rein und dann in den Haupttempel. Wieder stürzen
wir uns ins Gedränge und werden geschoben und schieben selber. Ich lehne mich
einfach nach vorne. So kann ich nicht umfallen und mich auch keiner
zurückschieben. Kurz vor dem kleinen Durchgang in den Tempel, maulen uns die
Frauen an, dass wir in der Frauenschlange stehen. Hat mich gewundert, dass hier
so viele Frauen aber doch auch ein paar indische Männer waren. Mach dir nicht
in den Sari – sonst pinkelst du mich auch unweigerlich an – so dicht ist das
Gedränge. Wenn du glaubst dass ich jetzt wieder rausgehe, hast du dich
getäuscht. Erstens ginge es fast nicht und zweitens will ich es ganz sicher
nicht. Nun blökt mich auch noch ein Polizist an – ich drücke ihm beide Kameras
in die Hand und klettere über die Absperrung, die Männlein Inder von Weiblein
Inder trennt – hat genau keinen Sinn, weil nach dem Haupteingang ist die Sache
wider gemischt. Das Anstehen oder besser gesagt Reindrängen – ist wie ein
Workout in einer Sauna – es geht extrem auf den Kreislauf. Einige Frauen sind
dem Kollaps nahe und drängen wieder raus. Sie schauen nicht gut aus. Mich würde
es nicht wundern, wenn hier heute jemand einen Herzinfarkt kriegt. Endlich im
Rattentempel. Von den Tausenden Ratten sieht man keine hundert. Hin und wieder
huscht eine todesmutig über den Boden zwischen tausenden Inder und ein paar
Touribeinen durch. Ach noch was – die Schuhe muss man vor dem Tempel ausziehen
– man geht also barfuß über Marmor, der mit Getreide und Rattenkot übersät ist.
Ist eine Gute Taktik – durch das Getreide weiß man nie, ob man gerade auf
Rattenscheiße tritt oder nicht. Ich würde gerne wissen, wie viele Ratten heute
hier zu Tode getrampelt wurden. Die Einheimischen versuchen eine der knapp 10
weißen Ratten zu erblicken, was besonderes Glück verheißen soll. Ich würde vor
dem Tempel LSD verkaufen, dann sehen sie sogar rosa Ratten – das wäre dann ein Dreifach-Jackpot
im Lotto kombiniert mit einem lebenslangen Gratis Abo der Kirchenzeitung. Jawolll…
Ich schreib heute einen Businessplan. Im Tempel selbst, saufen ein paar Ratten
Milch aus großen Schüsseln. RAUS aus dem Gewusel. Wie die Göttin Durga zu der
Rattenehre kam. Ist mir ein Rätsel. Die muss wahrscheinlich Shiva oder Wischnu
in die Suppe gekotzt haben.
Weiter nach Bikaner – sollte in einer halben Stunde erledigt sein. Ich
schreib grad im Auto den Reisebericht – so habe ich am Abend länger Zeit.
Einen Vorteil hatte das Fest beim Rattentempel – man sah echt nicht, ob
man gerade im Begriff war eine Ratte zu zertrampeln oder nicht. Ekelige
Drecksviecher. Hier gehören ein paar ausgehungerte Norwegische Waldkatzen rein
und der Tempel ist in einem Monat sauber. Die Milch würde die Katzen sicher
auch nicht verachten.
Bikaner – bei der Ankunft ist es schon dunkel und ein richtiger Dunst
liegt über der Stadt. Einen sternenklaren Himmel werde ich hier wohl nicht
finden. Ich checke im Hotel ein und fahre mit einem Lift, der aus einem Agatha
Christie Roman stammen könnte, in den zweiten Stock. Quietschend schließt der
Liftboy die zwei Scherengitter, die uns von dem Abgrund trennen. Der Lift setzt
sich schneckengleich in Bewegung. Ich geh hier nur mehr zu Fuß.
Später gehe ich in die Lobby und frage, ob sie mir ein Restaurant
außerhalb empfehlen können. „No can’t eat outside. Have to eat here.“ –
Have to gibt es bei mir nicht. Ich
erkläre energisch, dass ich sicher nicht im Hotel essen werde und schon gibt es
Alternativen. Sie wollen mir klar machen, dass es draußen dunkel ist. Ich meine
nur – „Can you come with me? I am afraid alone in the dark!“ Sie haben es geschnallt, dass mich die
schwarze Luft nicht abhält raus zu gehen. Ich esse eine Kleinigkeit und gehe
noch eine Runde spazieren. Morgen nehme ich die Kameras mit – da habe ich ein
paar interessante Motive entdeckt.