Gadhimai – Gadhimai
ist eine Göttin. Eine Göttin, die nach Blut dürstet. Alle fünf Jahre muss ihr
Durst gestillt werden, sonst fallen den Männern die Penisse ab und den Frauen
rollen sich die Fußnägel auf – oder so. Heuer war es wieder so weit.
Befürworter und Gegner haben sich schon seit Monaten in Stellung gebracht und
über die Presse und das Internet einen Schlagabtausch geliefert. Gadhimai ist
Tradition – a centuries old tradition – sagen die einen. Gadhimai ist ein
Massaker. Eine unvorstellbare Grausamkeit, sagen die anderen. Was werde ich
sagen? Wahrscheinlich einen politischen Spagat zwischen Tradition und definitiv
verbesserungswürdig – weil ich ja auch hier bin, um Bilder zu machen. Um etwas
vorweg zu nehmen – ich hoffe, dass die Bilder dazu beitragen, das Fest im
Westen publik zu machen und es radikal umzustellen oder abzuschaffen.
Centuries old
tradition: glaubt man dem Internet, dann basiert das Fest auf einem Opfer, dass
ein zu Unrecht Verurteilter 1840 der Göttin dargebracht hat. Er hat versprochen
drei Tiere – eine Ratte, eine Taube und eine Ziege zu opfern, wenn er
freigelassen wurde. Sehr zum Unglück der Tiere wurde er freigelassen. Nun wird
alle fünf Jahre geschlachtet. Alles was vier Beine oder Flügel hat und keine
Kuh ist.
Das Fest dauert ein Monat
lang. Am 13. Und 14. Tag sind die Schlachttage. Der erste davon ist der
Haupttag. An diesem werden zehntausende Büffel und noch viel mehr Ziegen und
Hähne geköpft. Am Morgen des 13. Tages tötet der Tempelpriester nach den
Eröffnungsritualen eine weiße Ratte (wir nennen sie liebevoll Bonny), Tauben,
einen Hahn, eine Ziege und ein Schwein. Das Blut der Tiere – bis auf das des
Schweins – wird auf das Bildnis der Göttin gespritzt. Das Schwein ist auch bei
den Hindus unrein, darf zwar getötet und gegessen werden, die Göttin darf aber
nicht mit seinem Blut verunreinigt werden. Umbringen tun wir es zur Sicherheit
trotzdem. So hat das Schein nicht Schwein gehabt. Ist diese Tat vollbracht,
werden noch die Klingen und Beile der Schlächter gesegnet und dann zieht die
Meute in die Arena. Mögen die Spiele beginnen.
Zurück zum Start des
Tages. Tika wollte erst gegen 7 oder 8 starten – weil das Massaker erst so um
10 oder 11 anfängt und es ja nur 25km von Birgunj nach Bariyarpur sind. Nein
wir starten um 0500 – wir einigten uns dann leider auf 0600 und fuhren los.
Dazu ist zu sagen, dass es in der Gegend zwei Bariyarpurs gibt. Eines ist 25km
von Birgunj entfernt, das andere 56. Also zwischen 40 Minuten Fahrt oder 1,5
Stunden. Wir fuhren los und ich musste navigieren. Tika und Samu hatten keine
Ahnung. Nach 12 km beim nächsten Ort wurde der Verkehr immer dichter. 2km
später war Schluss. Wir mussten ca 10km laufen. Runter von der Straße, rein in
die Großteils abgeernteten Reisfelder. Überall waren Kothaufen. Menschenkot.
Wen wundert es? Da das Fest schon 12 Tage läuft und innerhalb der Gesamtdauer
von 30 Tagen gut 7 Millionen Menschen, vor allem aus Indien kommen und rund um
den Ort campieren, müssen diese ihre Notdurft irgendwo verrichten. Irgendwo ist
dort, wo das Würsterl oder eher der Durchfall drückt. Also sind die Äcker und
teilweise auch Wege in der Umgebung im wahrsten Sinne des Wortes zugeschissen.
An den Haupttagen drängt sich hier ungefähr eine Million Menschen! Sie kommen
Tage vorher aus Indien. Die Indische Regierung hat verboten Tiere auszuführen
und kontrolliert die Grenzen sehr streng. So las ich in einer indischen
Tageszeitung, dass sie in den letzten Tagen 75 Leute verhaftet haben weil sie
über 250 Tiere über die Grenze bringen wollten. In Indien ist das Fest längst
in Misskredit geraten. Hier in Nepal hingegen machen sie sich schon seit
Monaten Sorgen, dass ihnen die Tiere ausgehen werden. Die indischen Gläubigen
sind aber auch nicht blöd und haben ihre Tiere einfach schon ein Monat vorher
zum Festplatz geschafft. Bariyarpur liegt nur wenige Kilometer von der
indischen Grenze entfernt. Eigentlich könnte man sagen, dass der Schuss der
indischen Regierung nach hinten losgegangen ist. Das Leid der Tiere wird
dadurch nur vergrößert. So müssen sie viel länger zusammengepfercht und
schlecht versorgt ausharren und auf ihren finalen Auftritt warten.
Wir mussten also 10
Kilometer durch den Dreck laufen. Entschädigt wurde ich durch die Lichtstimmung
im Nebel bei Sonnenaufgang. Die schier endlose Menschenkarawane pilgerte der
Sonne entgegen. Buben schoben Räder an denen in Jutesäcken gebundene Ziegen
hingen. Ein Mann trug seine Ziege zum Todesplatz. Eine Familie trieb zwei
Büffel vor sich her – eine Büffeldame und einen jungen Büffel. So wie sie
hintereinander liefen waren es Mutter und Kind. Beide sollten den Tag nicht
überleben.
Geopfert werden
prinzipiell nur männliche Tiere – außer bei Büffeln – hier werden auch Weibchen
geschlachtet.
Je näher wir
Bariyarpur kamen, desto lauter wurde die Musik und desto mehr Camps
durchquerten wir. Diese provisorischen Camps waren meist Plastikplanen, die
zwischen zwei Traktoren gespannt waren auf irgendwelchen abgeernteten
Reisfeldern. Die indischen Pilger, rund 70% der Teilnehmer also, fallen über
die Gegend her, wie die Heuschrecken. Alles was noch nicht geerntet wurde, wird
zu public domain erklärt und geplündert. So stehlen sie Zuckerrohr und reißen
Rettiche aus den Feldern. Viel mehr gibt es aktuell nicht zu ernten. Als
Einheimischer würde ich meine Felder verminen. Oh je – auf eine Miene gekackt?
So ein Pech aber auch.
Bei einem Camp wurden
ein paar Räucherstäbchen in die Erde gesteckt, ein kleiner provisorischer Altar
mit roter Farbe und Reiskörnern errichtet. Irgendwelche Sprüche gemurmelt, dreimal
verbeugt, dann kam der Star des Tages, der wichtigste Protagonist. Ein kleiner,
schwarzer Ziegenbock. Eilig wurde noch
etwas Futter vor den Altar gestreut. In dem Moment, in dem sich die Ziege zum
Fressen nach unten beugt, saust die gebogene Gurkha Klinge des Schlächters
hernieder und trennt den Kopf vom Ziegenkörper. Die Ziege fällt um und das Blut
spritzt auf den Altar. Der Durst der Göttin wird dadurch nur noch mehr
angestachelt. Der Schlächter hält einen Finger auf die blutspritzende
Halsschlagader und macht eine Tika auf die Kinder des Klans, die ihn beauftragt
haben. Eine Tika ist der traditionelle rote Punkt, den die Hindus oft auf ihrer
Stirn tragen. Der Schädel der Ziege versucht noch zu blöken. Reißt das Maul und
die Augen auf, streckt die Zunge raus, doch ohne Stimmbänder und Luft aus den
Lungen, kommt kein Ton aus dem Ziegenmaul. Ein Helfer des Schlächters schnappt
sich den Kopf und wirft ihn in einen großen Sack. Das ist der Lohn für das
Köpfen. Ein so ein Schädel kostet rund 100 Rupees. Es ist ja Fleisch drauf und auch
das Gehirn kann man essen. Bis Zum Abend, sollte der Beutel prall gefüllt sein.
Jetzt mussten wir
auch noch durch einen 10 Meter breiten, Knie tiefen Bach waten. Schuhe und
Socken aus und rein in das Wasser. Schön vorsichtig. Ich will ja mein Kameras nicht
ruinieren.
Je näher wir dem Festgelände
kamen, desto enger wurde es. Rund um den Festplatz und den Tempel war es so
eng, dass man nur mehr weitergeschoben wurde. Meine Brille hatte ich
abgenommen, weil ich durch den Fotorucksack und die Kameras stark ins Schwitzen
kam. Im Gedränge verlor ich dann ein Brillenglas. Na ja ist egal, mit der sehe
ich ohnehin nicht gut. Wir fragten uns durch, wo denn die Tiere geschlachtet
werden. Nach unzähligen Anläufen kamen wir zur Arena. Ein rund 70X120 Meter
großer mit einer gut 2,5 m hohen Wand umgebener Platz, auf deren Mauer das
Militär mit Maschinengewehren und Stöcken bewaffnet stand. In der Nähe des
Gatters standen ein paar Fotografen. Da sind wir richtig. Es sollte sich
herausstellen, dass man einen speziellen Pass vom Sanskrit Komitee braucht, um
rein zu kommen. Na super – wie komme ich jetzt zu diesem Pass? Das weiß man
auch nur dann, wenn man einen Nepali kennt, der schon da war und auch mit dem
Komitee geredet hat. Mein Nepali war hier so nützlich wie ein Kropf. Also auf
wir suchen das Komitee. Zur Schule da ist es. Im Schulhof wurden Tika
unterschiedliche Sachen gesagt und er reimte sich seinen Teil dazu. Das war wie
Stille Post und Pantomime zwischen einem Blinden und einem Taubstummen was die
Nepalesen da aufführten und Tika herauslas. Derweil wurden im Schulhof gleich
mal zwei Ziegen geköpft. Ich hatte so wenigstens schon ein paar Horrorbilder.
Wieder raus. Wir eierten von einem Stand zum nächsten und kamen endlich zur
Information. Wie gut die informiert waren, sah ich an der Aussage, dass die
Büffel morgen geköpft werden. Das Schlachten hatte aber schon begonnen! Wieder
zurück zur Schule fand ich das Office und drei Telefonnummern. Wir
telefonierten sie durch, erreichten auch jemanden, der aber auf Grund des Lärms
und der Hektik eher unfreundlich reagierte und wieder auflegte.
Also zur Mauer – dort
stehen auch Nepali drauf – zwar nur kurz, weil sie sofort mit Stöcken wieder
runtergejagt werden. Einem liebevollen Klapps folgte ein heftiger Stockschlag,
sollte der Opponent nicht sofort reagieren. Tika meinte ich solle nicht rauf
wegen der Soldaten. Ich sagte – wait – I know you und ging zu der Stelle mit
den meisten Soldaten, zeigte ihnen die Kameras, gab Tika meinen Rucksack samt
Kameras und stieg auf die Mauer. Die Soldaten halfen mir sogar. Als ich fest im
Sattel – oder auf der Mauer saß, gab mir Tika die Kameras und ich hatte somit
den Logenplatz. Erste Reihe, fußfrei. Mir bot sich eine perfekte Aussicht auf
das Spektakel. In der Arena werden ungefähr 10.000 Büffel gewesen sein, von
denen viele schon tot waren. Die anderen liefen panisch durch die Gegend oder
lagen lethargisch neben ihren toten Freunden oder Verwandten. Ein Büffelkalb
lag blutverschmiert neben seiner toten Mutter. Nur selten hob es den Kopf und
brüllte verzweifelt. Man könnte es fast übersehen und so ging es den
Schlächtern auch. Über eine Stunde lang sah es keiner, doch dann viel auch
dieses Kalb einem Messerhelden auf. Er klopfte mit seiner Klinge auf das Kalb.
Dieses reagierte nicht. Er zog es am Schwanz – nichts. Riss an den Ohren –
nichts. Jetzt wollte er dem liegenden Kalb so den Schädel abschlagen. Da
schüttelte ein anderer Schlächter den Kopf und zeigte, dass das Kalb stehen
muss. Ordnung muss sein. Auch im Namen der Göttin. Mich würde interessieren,
was man tun muss, um den Ort zu entweihen. Vielleicht würde das das Opfern
stoppen? Vermutlich eine Kuh massakrieren oder die Göttin in Schweineblut
baden. Wo sind die Aktivisten, wenn man sie einmal braucht. Kein einziger war
hier, um gegen das Fest zu protestieren oder zu versuchen etwas zu verhindern. Vereint
versuchten die zwei Schlächter das Büffelkalb zum Stehen zu bewegen. Nach
einigen Minuten schlimmster Traktion stand das Kalb auch auf. Der unerfahrene
Schlächter schlug mit seinem Messer zu. Das Kalb sackte zusammen, doch der Kopf
ist noch nicht ab. Zuckend liegt es da, versucht zu schreien – es gelingt ihm
auch. Herzzerreißend brüllt es noch einmal während der Schlächter weitere Male
auf es einhackt, bis der Kopf endlich ab ist.
Andere Schlächter
sind erfahrener. Sie schleifen immer wieder ihre Klingen und tasten den Nacken
der Büffel ab, um die Wirbel zu fühlen und die optimale Stelle für den
tödlichen Hieb zu finden. Sie schwingen die Klinge vom Rücken hoch über den
Kopf und gehen während des Schlags in die Knie, um noch mehr Wucht zu erzielen.
So ist der Kopf mit einem Hieb sauber vom Körper getrennt und das Blut spritzt
meterweit aus den abgerissenen Arterien, während der Schädel in den Dreck
fliegt und der Körper zusammensackt. Die noch lebenden Tiere versuchen
verzweifelt zu entkommen. Doch es gibt kein Entkommen. Jeder Büffel, der die
Arena betreten hat, wird diese nicht lebend verlassen. Es ist ein „dead end“
für Büffel. Ein alter Nepali saß neben mir auf der Mauer und zeigte mir immer
wieder einen Büffel, der als nächstes geköpft werden sollte, wenn ich nicht
gerade hin sah. Rund um mich versuchten immer wieder andere Einheimische auf
die Mauer zu steigen. Waren sie oben wurden sie auch schon wieder mit
Stockhieben verjagt. Mich rührte Niemand an – so gut kenne ich meine
Pappenheimer ja schon. Zu meinem Platz muss ich sagen, dass er besser nicht
sein hätte können. Die paar Fotografen, die in der Arena herumliefern hatten
eine schlechtere Perspektive und keinen Überblick. Für einige von ihnen kann
ich mich nur schämen. Ein paar Asiaten posierten mit einem noch lebenden Kalb –
umarmten es – klick klick – ja ich will auch noch – Wechsel der nächste hielt
das Kalb… und danach kam das Beil und das Kalb war tot. Die nächsten Idioten
machten Selfies in Mitten der toten Tiere. Mich wundert echt, dass sich keiner
eine Zigarre angezündet und mit einem Fuß auf einem toten Büffel gestanden ist.
Rund zwei Hundert
Schlächter machten bis Mittag ca. 10.000 Büffeln der Gar aus. Bis zum Abend sollten
es 30.000 Büffel sein. Beim letzten Gadhimai wurden in Summe fast 500.000 Tiere
getötet. Egal wie, egal wo, die verzweifelten Tiere wurden gejagt, in die Enge
getrieben, an Schwanz und Stricken um den Hals gehalten, bis sie geköpft
wurden. Ein Stümper schlug zu und hieb ein Stück Fleisch aus dem Nacken eines
Bullen. Dieser lief brüllend davon. Der Schlächter hinterher, schlug wieder und
wieder zu. Erst nach dem dritten Hieb konnte der Bulle nicht mehr laufen, weil
der Mann endlich die Wirbelsäule durchtrennt hatte. Weitere Schnitte später war
der Kopf ab. Super Arbeit! Könntest bei den Taliban oder der IS anfangen und
Geiseln enthaupten.
Nach gut zwei Stunden
auf der Mauer hatte ich genug von dem Blutbad. Der Boden war übersät von toten
Büffeln. Die Soldaten auf der Mauer machten Handyvideos und Fotos. Auch für sie
war das Spektakel spannend anzusehen.
Aus der Sicht eines
Fotografens muss ich ehrlich sagen – in dem Moment – in dem man durch die
Kamera sieht und abdrückt, denkt man nur an das Bild. Wenn man dann die Kamera
bei Seite legt und die Panik der wenigen noch lebenden Tiere sieht, die
chancenlos flüchtend über ihre toten Artgenossen stolpern, dann versteht man
die Welt nicht mehr. Noch schlimmer war das Jungtier, das hinter seiner Mutter
her trottete, bis diese vor ihm tot umfiel, weil einer der Schlächter neben
ihnen herrennend, quasi im Vorbeigehen der Mutter den Kopf abgeschlagen hat.
Das Junge ließen sie dann noch länger neben seiner toten Mutter stehen. Es soll
ja das Feeling richtig aufsaugen können. Vielleicht macht das Adrenalin das
Fleisch ja mürbe. Ich glaube aber nicht, dass sie einen gourmettechnischen
Hintergedanken verfolgen.
Ich hatte genug!
Runter von der Mauer, noch ein paar Bilder machen vom Festplatz und dem
Gedränge und wieder retour. 10km durch Staub und Dreck. Von der Straße bogen
wir gleich wieder ab auf die Felder und liefen dort dahin. Unterwegs bot sich
mir wieder ein farbenfrohes Bild der Menschen und dort und da wurde eine Ziege
geköpft. Auf einem Feld machte ich kurz Rast, trank ein Cola und wurde von
einem indischen Fernsehteam interviewt. Wie ich das Fest sehe und wie ich mich
fühle. Ich gab ihnen eine aus meiner Sicht ehrliche Antwort – dass auch bei uns
Tiere geschlachtet werden – in einer humaneren Art und Weise du nicht auf Grund
eines religiösen Wahns. So lange sie wenigstens das Fleisch verwerten, kann man
es ja noch in Ansätzen verstehen. Die Art, wie die Tiere getötet werden ist
aber schon fragwürdig. Wir dürfen uns aber auch nicht aufregen. Als unser
Glaube noch viel mehr vom Aberglauben und religiösen Wahn bestimmt war, haben
auch wir Hexen verbrannt und anderen Wahnsinn gemacht. Sie waren mit meiner Antwort
nicht zufrieden. Sie wollten von mir – schrecklich, grausig, gehört verboten
hören. Verboten – das wird nicht funktionieren. Die Menschenmassen sind zu
groß, um etwas zu verbieten. Aufklärung und Bildung sind der Schlüssel dazu,
das Fest zu ändern.
Sie schaffen es ja
nicht einmal Latrinen für die Leute zu bauen. Händler breiten ihre Decken am
Boden des Festgeländes aus und wollen dort ihren Kram verkaufen. Sie haben in
dem Gedränge aber alle Hände voll zu tun die Leute daran zu hindern auf ihre
Stände zu trampeln. Auf dem Weg selbst bin ich über unzählige Flipflops
gestolpert. In dem Gewusel tritt man zu oft auf den Schuh des Vordermanns und
schwupp hin ist das Ding. Zurück mussten wir wieder durch den Bach, den wir
auch am Morgen durchquert hatten. Diesmal ging es über eine Behelfsbrücke, die
unter der Last der Menschen bereits halb zusammen gebrochen war. Die Zehn
Kilometer zurück waren schon eher nervig. Ging es nicht wirklich schneller
voran als am Morgen. Wieder beim Auto fuhren wir zurück zum Hotel. Tika hat den
Auftrag in den nächsten Tagen das Festivalkomitee anzurufen und ein paar
Hintergrund Informationen einzuholen. So weiß ich bis jetzt erst, dass die
Köpfe der Büffel hinter der Arena vergraben werden, was auch den Bagger, der
vor der Mauer stand, erklärte. Zerteilt werden die Tiere in der Umgebung aber
nicht am Schlachtplatz,
Nach einigen Tagen
fangen die Überrest und das Blut an zu verfaulen und verbreiten einen
erbärmlichen Gestank, der die Einheimischen noch gut und gern zwei Wochen lang
verfolgt. Das Fleisch wird größten Teils nach Indien verkauft. Die Ziegen
werden direkt von den Familien, die sie opferten, verwertet.
Im Hotel putzte ich
mein Equipment. Einmal bin ich im Dreck ausgerutscht und die Sonnenblende ist
bis zum Filter im Dreck gesteckt. Ja im Feldeinsatz fließt Blut.
Um 1630 ließ ich mich
von meinen zwei Pappenheimern wieder abholen und wollte den Sonnenuntergang
irgendwo in der Nähe des Waldes fotografieren. Wir landeten auf einem Feldweg
der auch ein Grenzübergang zu Indien war. Witzig. Auf der einen Seite des Bachs
standen die nepalesischen Soldaten, auf der anderen die Inder. Es war aber
alles sehr relaxed.
Wenn man das Gadhimai
Festival und die Fotografen und Presse dort sieht, versteht man warum M. Gandhi
gesagt hat „I believe in equality for everyone, except reporters and
photographers.“ Aber andererseits, wenn Niemand diesen Irrsinn fotografiert und
publiziert, wird die Öffentlichkeit nie wachgerüttelt werden. Sogar beim Fest
selbst, sehen nur ein paar Tausend von den Millionen Menschen, wie brutal die
Büffel dort getötet werden. Ich bezweifle leider, dass diese Zuschauer auch das
Leid sehen. Sie sind eher wie der Alte neben mir auf der Mauer geil drauf den
nächsten Kopf rollen zu sehen.