Dienstag, 4. November 2014

Tag 4 – 04.11.2014 – Pushkar Mela – There is something like a free snack - reloaded…

Um 0700 auf, Büroalltag, Mails checken und ein paar Sachen für die Firma erledigen, dann den Krempel in den großen Rucksack packen, damit ich auch den Laptop mitnehmen kann – ich muss ja noch eine Spezifikation fertig schreiben. Um 0945 wartet Sorry – pünktlich! Wir fahren nach Pushkar. Ich sage ihm, dass er mich beim Uhrturm rauswerfen soll und ich am Abend selber ein Tuktuk zurück nehme. Unterwegs herrscht Stop and Go Verkehr. Am Straßenrand läuft eine  junge Frau, zieht sich den Kittel bis über den Nabel hoch und pisst im Stehen auf die Straße – ja da schaust – da war sogar ich zu langsam. Das Bild ist zum Schmeißen. Jetzt verstehe ich, warum ganz Pushkar wie ein riesiges Urinal duftet. Mhhh lecker… Pfui Teufel – da fällt mir wieder ein Artikel in der Delhi Post ein, den ich im Flieger nach Jaipur gelesen haben – dort stand: In Indore rüsten sie Kinder mit Trillerpfeifen aus. Sie sollen pfeifen, wenn sie jemanden sehen, in der Öffentlichkeit seine Notdurft verrichten.  Na Klasse – laut dem Artikel scheißen 600 Millionen Inder einfach in die Botanik! Irgendwie schon Scheiße – oder? Die Regierung hat ein Programm gestartet, dass in 4 Jahren jeder Haushalt eine Toilette bekommen soll – es gibt dann also 600 Millionen Heimscheißer mehr – und die Naturisten werden sicher einen Club gründen und im Geheimen weiter hinter die Büsche oder aber auch auf die Straße kacken.
Beim Uhrturm angekommen bin ich kaum aus dem Auto draußen als mich schon ein junger Mann anquatscht und fragt – Do you want massage? So wie der mich fragt, ist das aber nicht nur eine Massage – nein danke – kein Bedarf an einer grindigen Straßenkackerin. Nein mir wird übel.
Rund um den Uhrturm sind hordenweise Sadhus und ich tobe mich fotografisch aus. Money, money, money – ich bin nicht die Moni – ich bin der Alex! Ich gehe über den Sikh Tempel in die Mainstreet von Pushkar. Es ist brechend voll mit Einheimischen und ein paar Touris. Im Großen und Ganzen drängt sich ein Handicraft shop an den nächsten. Irre – irgendwie ist Pushkar fast beschaulicher als Kathmandu, weil weniger Touristanabzocke herrscht und mehr Einheimische Touristen als Ausländer unterwegs sind. Die Geschäftsleute sind auch nicht so lästig wie in Kathmandu – Come to my shop – hört man so gut wie nie. Sadhus – ja in allen Variationen. Rauchend, schlafend, Chai trinkend oder nur faul da liegend – ich bin in meinem Element. Weiter geht es durch die Stadt zur Arena – Kühe werden prämiert (die mit vier Hufen!) Sind für indische Verhältnisse echt riesig.
Über den Pferdemarkt gehe ich ans untere Ende des Festgeländes und nehme mir wieder ein Tuktuk zum Uhrturm. Dem Tutktuk Kutscher Uhrturm zu erklären wird eine Challenge. 100 Rupee – fahr bis ich stopp sage – ist in der Nähe vom Sikh Tempel. Er will 200 – ich gehe weiter – 150 – don’t waste my time – 100 – Okay okay… und wir knattern los. Ich schaffe es echt zum Uhrturm. Wieder Sadhus – ich gehe weiter Richtung Sikh Tempel. Es gibt Reispudding – der ist um Ecken besser als der gestern Abend im Hotel. Bei einem Barbier mache ich Halt und lasse mich rasieren – das können die Inder – ist eigentlich fast eine Zeremonie was sie da aufführen. Fünf Minuten mit dem Pinsel einseifen, einmal mit dem Messer rasieren, wieder einseifen, mit einer neuen Klinge noch einmal rasieren, dann Peeling, Gesichtsmassage und waschen. Danach mit Alaun abreiben und mit einem Rasierwasser einduften. Eine Creme drauf und noch Puder – das müsste nicht sein – aber was soll es. 45 Minuten später bin ich fertig. Ich gehe in ein Internetkaffee, esse einen Salat und schreibe die Spezifikation fertig. Das Internet in Pushkar ist überlastet und zusammengebrochen – kann man auch nichts machen. Zwei Stunden später gehe ich weiter zum Markt. Die Sonne geht gerade unter und ich mache ein paar geniale Fotos von den Riesenrädern – auch Langzeitbelichtungen mit Graufilter – sind echt super geworden. Jetzt warte ich, dass es noch dunkler wird – will ich doch noch ein paar Langzeitbelichtungen vom Rummel machen.
Wenn ich Pushkar heute mit dem Pushkar von 2002 vergleiche, dann hat es alles von seiner damaligen Beschaulichkeit verloren. Es ist mehr ein hektischer Rummel geworden – ein Ibiza für Inder – mit einer Briese Urin in der Luft. Quo vadis India? Ist das wirklich ein Fortschritt? Dass darf ich bezweifeln. Aber ich muss ja nicht hier leben und kann so nur meine eingeschränkte Meinung wiedergeben. Vermutlich trägt aber auch das Fest dazu bei, dass das verschlafene Nest zu einer Sinnesexplosion wird. Überall dröhnt Hindipop – aus Lautsprechern und Blechkonserven – Hauptsache schön laut. Yes – it’s Mela time – shake your ass and move your feet.
Auf zu den Lichtern. Die Riesenräder noch mittel Langzeitbelichtung fotografiert und mit dem Tuktuk zurück zum Hotel gefahren.
Auf dem Markt selbst merkt man, dass die Stimmung unter den Viehhändlern schon nachlässt und eher deprimierter wird, je näher das Ende des Marktes kommt, sind ja jetzt nur noch die Ladenhüter zu haben und diese will anscheinend niemand oder zu einem Preis, zu dem die Händler nicht bereit sind, ihre Tiere herzugeben. Da hängt oft das Schicksal einer Familie daran, wenn ein kleiner Viehzüchter seine drei Pferde verkaufen will und diese nicht oder nur zu einem schlechten Preis, los wird.