Dienstag, 18. November 2014

Tag 17 – 17.11.2014 – Bürokraten…

Ich war um 0545 in der Lobby – Nand war auch schon da. Doch Sorry – Sorry war nicht da – sorry! Er kam 5 Minuten vor 6 total zerknittert an. Muss wohl eine kurze Nacht gewesen sein? Wir waren ungefähr die zwanzigsten in der Schlange, was kein Problem sein sollte. Ich hatte nichts eingepackt, dass man nicht mitnehmen dürfte – also kein Essen, kein Stativ, keine Videokamera und auch keine Kabel – warum auch immer sie davor Angst haben. 0630 die Schlange setzte sich in Bewegung. Durch den Metalldetektor zur Handkontrolle – ja der Fotorucksack muss geröntgt werden… und dann aufgemacht. Nein das ist zu professionell – das darf nicht mit – die Filter sehen ja bedrohlich aus. Ok – ich war kurz vor dem Auszucken und fing an einfach Sachen herauszuklauben. Alle Objektive in die Taschen meiner Cargohose, dann auch noch die Filter rein und die Wonderpana Dinger in die Hand. Nand – sorry – bitte kümmere dich um die Tasche und dann ging ich rein. Ich schaffte es noch gerade so zum Ersten Pool und erkämpfte mir genau erste Reihe Mitte. Weil die meisten Touris nur ein Foto knipsten und dann den Platz wieder räumten – Sorry ich mach so was nicht. Ich sitz jetzt da sicher eine Stunde lang. Gesagt getan machte ich HDR Aufnahme um HDR Aufnahme. Nur von dem Punkt aus hat man eine schöne Spiegelung des Taj und auch einen mittigen Blick. Einige indische Guides maulten mich an. Ich ignorierte sie, bis ich beim siebenten oder achten  zurückmaulte – nun war Ruhe. Nand und ich stiefelten durch die Parkanlage und zu den seitlichen Moscheen. Es ist nicht mehr erlaubt die Rasenflächen zu betreten. Einige Dinge sind nun viel strenger reguliert, als sie es vor 12 Jahren waren. Wundert mich auch nicht wirklich, tendieren die Inder ja dazu die Dinge nicht anzusehen, sondern mit den Händen zu betatschen um alles zu erfassen. Bis vor 20 Jahre haben sie auch tatsächlich Steine aus dem Taj herausgebrochen und gestohlen, als Andenken! So einem Idioten gehört beim Rausgehen ein Zahn rausgebrochen, so als Andenken!
Bei einer der Seitenmoscheen traf ich dann wieder auf die Amerikaner von gestern. Matt hieß der Fotograf und machte die Sideshots für eine Filmproduktion. Ich fragte ihn nach ihren Sonnenuntergangbildern – yes great – everything was fine. Ich meinte, dass der Sonnenuntergang im Vergleich zum Aufgang zum Vergessen war und zeigte ihnen die Bilder vom Aufgang. Da war dann Ruhe im Busch. Canon Knipser halt. Sie hatten auch für das Taj eine Sondergenehmigung und durften  mit Stativ fotografieren. Taten sie nicht wirklich sondern schossen auch ihre HDRs frei Hand. Ich musste es ja so machen. Aber so ganz verstehe ich die nicht. Sie sind in einer Hektik durch das Mausoleum gehirscht und haben wie die Wilden herumgeknipst ohne viel Plan und ohne Ziel. Mir soll es egal sein – ich machte meine Bilder und gut war es. In einer der Seitenmoscheen war ein Mann, der den Boden fegte. Das sah durch den Lichteinfall und den roten Sandstein echt toll aus. Draußen tobten die Affen über die Dächer, bis es einen von den Idioten aus gut 8 Meter Höhe auf den Marmorboden wichste. Pofff und der Affe knallte auf den Stein. Ich dachte echt, Game Over – nein der schüttelte sich, sah verdattert drein und humpelte weg. Ob der innere Verletzungen hatte, kann ich nicht sagen, jedenfalls schrien die restlichen Affen sehr bedrohlich vom Dach. Er dürfte etwas ausgefressen haben oder seine Verwandtschaft wollte beweisen, dass er mit einer Katze verwandt sei und nun nur mehr 8 Leben hätte.
Vor dem Taj ließen sich Horden von Indern, die meist aus irgendeinem Kaff vom Arsch von Indien kamen, von den lokalen Profis Fotografieren. Ich habe selten solche Chaoten gesehen. Hinknien oder in die Hocke gehen gibt es nicht – die haben anscheinend alle steife Knie. Dann gibt es prinzipiell drei Standardposen. Für Paare – er kniet vor ihr und hält die Hand seiner Maharani. Für Singles – entweder stehend mit den Fingern so als würde man das Taj halten oder sitzend auf einer Bank, Füße Überschlagen, Hände am Knie. Zwei Dinge haben alle Bilder gemein. Die Opfer tragen Sonnenbrillen – je größer desto besser – und die Fotografen schießen von oben nach unten – warum auch immer. Ich machte auch ein paar Fotos und zeigte sie den Einheimischen – die sahen sich meine an und dann die vom Profi – Scheiße aber auch – Gott sei Dank merken die keinen Unterschied, schauen nicht auf Perspektive, stürzende Linien, goldenen Schnitt und so weiter – na ja sonst könnten die Profis echt Sch… gehen. Ich würde die für solche Fotos einfach nur töten!
Wieder zurück beim Taj musste ich mir Stoffüberzieher – die aussehen wie Hüttenschuhe – über die Schuhe streifen. Nur so darf man das Taj betreten. Auch die Soldaten laufen so rum. Ich würde ihnen welche in Pink und nicht Blau oder Weiß verpassen. Bei der Sicherheitskontrolle, trug ein junger Soldat mit einer Hingabe Lipgloss aus einer Tube auf seine Lippen auf. Ich beobachtet ihn und als er mich sah, meinte ich: I’m still not going to kiss you. Er lachte und auch seine Kollegen lachten.
Die Einlegearbeiten am Taj sind schon sehr schön. Besonders gut sind die Kaligrafien, bei denen sich die Größe der Buchstaben nach oben hin ändert, so dass es eine Art perspektivische Korrektur ergibt. Ich sah mir einige der schönen Blumenornamente an, die aus Halbedelsteinen gefertigt, in den wießen Makrana Marmor eingebettet sind. Im Inneren des Grabmals ist es verboten zu Fotografieren. Trotzdem knipsen die Inder wie wild mit ihren Handies – wozu? Ihr seid zu knapp an den  Sarkophagen von Mumtaz und Jahan – na an den Repliken wenigstens. Die Originale stehen seit je her in der Gruft unter dem Hauptraum und sind für Besucher nicht zugänglich. Die Kopien wurden auf Auftrag von Jahans Sohn gefertigt. So ist es auch Frauen erlaubt diesen Ort zu betreten. Würden die Originale dort stehen, dürften Frauen das Taj nicht betreten.
Ich sah mir nun den Äußeren Korridor, der den Sarkophagenraum umgibt an. Da gab es in den Ecken immer einen Durchgang mit einem Fenster. Bei einem der Durchgänge war das Fenster kaputt und von dort konnte man ganz gut den Hauptraum fotografieren.
Wieder draußen machte ich noch Bilder von den Minaretten, die wie bei allen Moscheen oder Bauwerken der Mogulzeit um rund 2 Grad nach außen lehnen, damit sie im Falle eines Erdbebens nicht auf die betenden Menschen stürzen! Bei einem der Türme stand eine Soldatin – ich machte auch von ihr ein paar Bilder und sie redete mit meinem Guide – Nand erklärte ihr, dass ich aus Österreich komme, kein Profifotograf bin aber gute Bilder mache usw.. Die war echt neugierig. Nand kam beim Gehen zu mir und meinte, dass sie ihn über mich ausgefragt hatte. Ich drehte mich um, lächelte sie an und meinte – And I am not married – da musste sie laut lachen.
Wieder draußen – den Sonnenuntergang von Drinnen noch einmal zu fotografieren bringt nichts, fuhren wir zu einer privaten Dorfschule. Irre – die sind in Lehmziegelräumen, sitzen teilweise einfach am Boden. Tafeln sind in die Wand betonierte Steinplatten. Betritt man eine Klasse – egal welches Alter die Schüler haben – sie schießen wie Sprungfedern hoch und schreien im Chor: Good Morning Sir… Sie setzen sich erst wieder, wenn das der Gast sagt. Ich rede mit dem Direktor, der die Statur eines Ringers hat und eher wie der Schulwart als der Direktor aussieht.
Pro Monat müssen die Eltern 200 Rupees Schulgeld bezahlen. Ein Lehrer verdient hier 3.500 Rupees pro Monat. Ich bezahle für eine Nacht im Hotel mehr. Ist schon eine verkehrte Welt. Noch lustiger sind die Grundstückspreise. Vor 10 Jahren, als der Direktor die Schule gebaut hat, hat ein Qudratmeter 200 Rupees gekostet – sind so knapp drei Euro. Jetzt kostet der m² 18.000 Rupees – durch den Bauboom. Das sind dann 250€ - verstehe ich nicht und kann ich auch kaum glauben.
Vond er Schule fuhren wir noch zum Krematorium. Hier gibt es sicher dreißig Ghats, auf denen immer irgendein Scheiterhaufen lodert. Es ist den leuten eigentlich egal ob man hier herum läuft oder nicht. Auf einem der Feuer war der Schädel noch gut zu sehen, der Rest war schon komplett verbrannt. Es lag ein komischer Geruch in der Luft – von verbranntem Fett…
Die Asche wird dann am nächsten Tag zusammengeputzt und in den Fluss geworfen. Auf einem der ausgebrannten aber noch warmen Feuerstellen hatte es sich ein Hund bequem gemacht und schlief neben den Knochenresten des Verstorbenen.
Am Ufer des Jamuna war eine Schildkrötenfamilie – eine Riesenschildkröte und sicher 20 Jungtiere. Als die Kinder der Siedlung diese entdeckten, liefen sie sofort zum Ufer und versuchten eine zu Fangen. Das gelang ihnen leider. Sie warfen sie durch die Gegend. Ich regte mich auf, der Führer schimpfte mit ihnen doch gebracht hat es nichst. Nand ließ mich auch nicht runter zum Fluss gehen, weil er Angst hätte seine Lizenz zu verlieren. Er war vorher Englisch Lehrer auf einer Universität – verdient aber als Führer viel besser – das kann ich schon nachvollziehen. Wenn der einen Touristenbus führt und von 20 Leuten je 100 Rupees Trinkgeld kriegt, hat er mehr als ein halbes Monatsgehalt verdient. Schon irgendwie verquer.

Ich beendete Mein Sightsseing Programm heute früher und muss sagen, dass ich echt sau müde bin. So beschloss ich noch zum Friseur zu gehen, rasieren und Haare schneiden und dann im Hotel noch ein paar Bilder nachbearbeiten. Dabei konnte ich um 2300 kaum mehr meine Augen offen halten und schlief ein.