Dienstag, 14. Mai 2013

Tag 34 14.05.2013 Die Flucht des Lobsang Kalsang Tendrug Lama oder Gedenken an zwei weitere Mönche…


Tag 34 14.05.2013

Die Flucht des Lobsang Kalsang Tendrug Lama oder Gedenken an zwei weitere Mönche…

Auf ins Reisebüro den Rest für Tibet bezahlen, dann die Kamera von der Sensorreinigung hohlen – war die erste Enttäuschung des Tages: Technician does not clean Fullframe… na super du Idiot, du rufst ihn am Vortag an und merkst das erst am nächsten Tag? Dann ins Hotel, den Manager zur Sau machen, wegen der Buchung, die sie mir nicht ändern wollten. Ah I am the Manager – I tell them… I do not ask… na geht doch… Man muss nur etwas böse werden…
Später fuhr ich mit dem Taxi nach Pashupati und ging noch einmal ins Altersheim. Wieder eine Menge schräger alter Leute. Ist das einzige Altersheim in Nepal und nur für alleinstehende alte Menschen, die weitgehend Mittellos sind. Die Eintrittsgebühren für den Tempel haben sie wirklich verdoppelt. Jeder führer fragte mich, warum ich nicht hinein geh? Zu teuer, ist die 1000 Rupees nicht wert. Yes, but you have not seen it… I can find the pictures on google – that’s enough… dass ich sicher schon über zehn mal dort war, müssen die Bloßfüßigen ja nicht wissen. Wenn mehr Touristen die Preise boykottieren, werden sie vielleicht nachdenken…
Weiter ging es in die Fänge eines Handlesers… der erste meinte 500 Rupees und konnte nicht Englisch… der zweite konnte Englisch und meinte 1000 – ich sagte ihm, dass die anderen 500 verlangen und OK Ok… also hingesetzt… Hand hin, Geld hin… Gebrabbel… dann die Erklärung der einzelnen Linien… dann der übliche Sermon… ja ja… am Ende eine Tika auf den Schädel… zuerst gelbe Farbe, dann rot gefärbten Reis… ich sah aus als hätte mir ein großer Vogel mit Blut im Stuhl auf die Stirn gekackt… dann noch ein Bändchen um die Hand, ein Stück Kokosnuss zum Essen bekommen und noch schnell einen Segen… Dann you give money. Why? I allready gave you the money, No that’s the rule… Ich stand auf und meinte lakonisch: rules are there to be broken. Und ging…
Um Pashupati herum zum Gauri Ghat, einem Hanuman Tempel direkt am Bagmati. Es stank und sah aus wie auf eine Müllhalde. Der Bach war total verdreckt. Eine Horde Affen suchte in den Säcken und zwischen dem Müll nach Essbarem. Irgendwie ist das echt irre hier. Von vernünftiger Müllentsorgung halten sie nichts. Der Priester des Tempels erklärte mir alles und zeigte mir noch ein paar Tempelhöhlen beim Bagmati. Also rauf auf den Hügel und hinter den Ghats von Pashupati wieder hinunter. Dort waren ein paar kleine buddhistische und hinduistische Höhlen und auch ein Babba wohnte dort in einer kleinen Felsenhöhle mit super ausblich auf Pashupati. Als wir gingen packte der Babba seinen Hund beim Krawattel und schleppte ihn zum Fluss, um ihn reinzuwerfen und zu waschen. Ob der in der Drecksbrühe nicht eher schmutziger wird?
Gleich hinter den Höhlen auf einer sehr sonnigen Terrasse steht auch der älteste Tempel der Stadt – Sunari Ghat… Soll irgend etwas wie „sonnig“ bedeuten.
Ich ging dann weiter nach Boudhanath – die 150 Rupees Eintritt zahle ich halt ein zweites Mal. Wieder umrundete ich die Stupa, ging ins Kloster und quatschte mit den Mönchen. Auf meiner zweiten Runde um die Stupa begegnete ich einem Tibeter, der ziemlich fertig aussah. Er machte auf mich eher den Eindruck eines Mönches und wir kamen ins Gespräch. Sichtlich eingeschüchtert fragte er mich, wo wir reden könnten. Ich meinte – wie wäre es mit einem Rooftop Restaurant? Er war sofort einverstanden. Keine drei Minuten später saßen wir in den bequemen Stühlen eines Dachgartens und sahen auf die Stupa. Lobsang, so hieß er, setzte sich ins hinterste Eck und war total nervös. So nach und nach erfuhr ich, was los war.
Lobsan Kalsan Tendrug Lama, wurde im Alter von fünf Jahren von seinen Eltern ins Sera Kloster, bei Lhasa gegeben. Seine Eltern waren Farmer und hatten auch einige Yaks. Mit 19 schickte ihn das Kloster in die Schweiz, um seine Ausbildung zu vollenden. Danach war er Lehrer am Kloster. Jetzt, mit knapp 45, wurden seine Eltern verfolgt. Zuerst wurden nur ihre Yaks getötet, dann wurden sie Eingeschüchtert, geschlagen und schlussendlich waren sie plötzlich tot. Zu Tode geschlagen, vermutlich vom Chinesischen Geheimdienst. Auch Lobsang wurde immer mehr verfolgt und eingeschüchtert. Seine Studenten sammelten heimlich Geld, um ihm, seiner Schwester und zwei weiteren Mönchen die Flucht zu ermöglichen. So um den 10 Jänner brachen sie zu ihrer offiziellen Kailash Kora auf und schlugen aber blad einen anderen Weg ein. Durch den eisigen Winter von Tibet, über verschneite Pfade. Immer Angst haben zu müssen, erwischt zu werden. Nie zu wissen, wem sie trauen konnten, marschierten sie 3 Monate und 28 Tage lang Richtung Freiheit, die sie über der Grenze in Mustang erhofften zu finden. Seine zwei Mönchskollegen überlebten die Strapazen nicht und erfroren in einer eisigen Nacht. Lobsang und seine Schwester verscharrten sie notdürftig unter Steinen und Schnee und marschierten weiter. Das sichere Nepal vor Augen, wurden sie kurz vor der Grenze von Chinesischen Soldaten erwischt. Lobsang wurde halb totgeschlagen, ist seither auf einem Auge blind und seine Schulter und Rippen sind noch grün und blau. Wieder tastet er nervös die Lampe neben dem Tisch ab und schaut unter den Tisch. Noch immer vermutet er überall versteckte Mikrofone und Spione. Er zieht kurz sein Polo Shirt hinunter und zeigt mir einen Teil seiner Wunden. Sein linkes Auge ist ganz blau und Blut unterlaufen, während sein Rechtes  braun ist.
Seiner Schwester – ist es nicht so gut ergangen. Auch sie wurde verprügelt und zu Allerletzt wurde ihr die Hand abgehackt. Nachdem die Soldaten ihnen das gesamte Geld abgenommen hatten, hatten sie Mitleid und ließen sie über die Grenze ziehen. Seine Schwester sei noch immer in Mustang und werde dort medizinisch versorgt. Er versuche nun so viel Geld aufzutreiben, dass sie beide nach Dharamsala nach Indien können. Auch in Nepal fühle er sich noch nicht sicher… Immer wieder betonte er, ich solle in Tibet die Augen offen und den Mund geschlossen halten. Ich werde das sicher beherzigen. Es ist echt schlimm was da passiert ist. Das Sera Kloster werde ich auf meiner Tibet Tour auch besuchen. Ich werde mich aber hüten Fragen nach Lobsang Kalsang, dem Mönch zu stellen.
Nach diesem Erlebnis frage ich mich echt, welche Probleme wir in Europa eigentlich haben? Wir machen unsere Probleme größer als sie sein müssten. Ich hoffe, dass diesen Bericht viele Leute lesen werden.
Lobsang habe ich Geld für seinen weiteren Weg nach Indien – Reise will ich nicht schreiben – Reise hat für mich etwas Positives – gegeben und auch meine Karte mit E-Mail Adresse. Er hat mir einen Seidenschal geschenkt, der mir ausnahmsweise etwas bedeutet und versprochen, dass er sich aus Dharamsala melden wird. Ich bin ja einmal gespannt.
Den Bericht werde ich nur online stellen, nicht aber mit nach Tibet nehmen. Man weiß ja nie…