Tag 19 29.04.2013
Wallfahrt für Weicheier…
Nachtrag zu gestern: Irgendwie
war ich zuerst sauer, dass das Wasser beim Duschen nicht warm wurde, bis ich
dann einen Gas Durchlauferhitzer entdeckte. In der ersten Euphorie auf
Winterbetrieb und Vollgas gestellt – was dazu führte, dass das Wasser sofort 70
Grad hatte – keine Ahnung bei welcher Temperatur es auf 4.800m Seehöhe kocht –
mir war es jedenfalls zu heiß. Also das Ding wieder umgestellt und – aaahhh –
welch Wohltat – warm geduscht. Der Durchlauferhitzer ist ein Hammer – die
Gaszufuhr erfolgt über einen durchsichtigen Plastikschlauch, der irgendwie
durch die Wand ins Bad kommt. Bei uns hätten die glaube ich nicht einmal für
die Klobrille eine Genehmigung – oder einen TÜF bekommen.
Nach dem Frühstück gingen wir
zurück zum Tempel von Muktinath.Das Heiligtum wird von Hindus und Buddhisten
verehrt. Die Inder sind aber echt der Hammer – sie schnaufen die letzten Stufen
zum Tempel hinauf, ziehen sich um und machen das rituelle Bad unter den 108
Wasserhähnen und dann in den zwei Pools. Die meisten verwenden Badehauben und
laufen wie die Irren unter den Hähnen durch – dreimal – eiskaltes Bergwasser.
Aber nur nicht zu sehr nass werden. Danach brauchen sie fast ein
Sauerstoffzelt, so fertig sind sie. Eine Alte Omi zerren und schieben sie unter
dem Wasser durch. Die kommt mir so vor, wie ein Hund der sich nicht baden
lassen will. Ich schau mir das Spektakel aus allen Richtungen an und steige
dann sogar auf die Wand, über die das Wasser verteilt wird. Aus der
Vogelperspektive hat das schon auch was.
Unten wird fotografiert und
gefilmt. Jeder Inder will festhalten, dass er bei einem der vier wichtigsten
Hinduheiligtümern war. Mah bin ich toll – ich war schon zweimal da und hab mir
immer brav die Hände gewaschen. Der neueste Schrei ist, mit der Hand nur ein
paar Tropfen Wasser aufs Gesicht zu träufeln und das 108 Mal mal drei! Richtig
nach dem Motto: Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass. Das ist schon
eine scheinheilige Brigade. Lustig wird es dann in Jomsom am Flughafen, wenn
wegen Windes einige Flüge hinaus ausfallen oder verschoben werden. Eine Frau
beim Kloster in Jharkot hat mir erzählt, dass recht oft die Polizei eingreifen
muss, weil es sogar zu Handgreiflichkeiten wegen der ausgefallenen Flüge und
wer nun fliegen darf und wer nicht, kommt.
Mir reicht der Irrsinn und ich
geh noch zur heiligen Flamme von Muktinath – einem buddhistischen Heiligtum.
Hier tritt Gas aus einem kleinen Bach aus und brennt. Die Flammen werden immer
weniger und kleiner. Heute brannte nur eine kleine Funzel.
Vor der Tempelanlage befindet
sich ein Helikopterlandeplatz. Aber irgendwie haben sie dort auch kleine
Chorten aufgebaut und Gebetsfahnen gespannt – so nach dem Motto: Möge der
Hubschrauber schnell abstürzen und keiner leiden!
Genug der Tempel – auf nach
Jharkot – zuerst aber noch Wasser und Fanta kaufen. In drei Läden wollten sie
um 30% mehr als ich am Vortag bezahlt hatte – nein sicher nicht. Im vierten
Laden fragte ich nach dem Preis für Wasser, hinter mir eine Stimme „sixty“ dann
aus dem Geschäft – 70, no 100 – ich wird sauer und laut: are you nuts – sixty –
and the fanta is one hundret. – OK OK
kommt zurück. Ich hasse es, wenn man mich so offensichtlich zu
verarschen versucht.
Weiter geht es nach Jharkot. Der
Ort hat viel mehr Flair als Muktinath. Er ist so geblieben, wie er vor fast 10
Jahren auch schon war. Zwei kleine Lodges und sonst nur ein verfallenes Fort
und ein Kloster, dass nun schon 550 Jahre alt ist. Also rein ins Vergnügen und
durch das „Stadttor“ in das Dorf. Beim Tor haben sie zwei Nacktdarstellungen
eines Mannes und einer Frau – die Skulpturen sehen sehr eigenartig aus. Flossi
kann mir nicht sagen, was das zu bedeuten hat. Beim Kloster angekommen, kläfft
mich der Klosterhund einmal richtig an. Ich schimpfe zurück und halte ihm meine
Hand hin. Sofort sind wir Freunde. Er sieht nicht gerade gesund aus. Eine ganz
verkrustetet und blutige Nase hat er und ist auch recht schüchtern. Aber
nachdem das Eis erst einmal gebrochen ist, lässt er sich auch streicheln. Ich
sehe mir das Kloster Innen an und kralle auch aufs Dach des Selbigen. In einem
Raum entdecke ich alte Masken – nein ich nehme keine mit! Die Aussicht vom Dach
ist spektakulär. Man sieht bis in das Kali Gandaki Tal und auf der anderen
Seite die Steindächer des Ortes und die schneebedeckten Himalaja Riesen. Ich
frage mich echt, wie diese Lehmdächer halten können. Wieder unten rede ich mit einer Frau, die im
Rollstuhl sitzt – sie kommt aus Frankreich, unterstützt hier die Schule und
leitet auch einige andere Programme, unter anderem in Ägypten – irgendetwas mit
Archäologie. Sie kennt auch Sahi Hawas – den ehemaligen Minister für Altertum.
Über den kann sie nichts Gutes berichten. Er soll über 80% der Gegenstände des
Ägyptischen Museums durch Repliken ersetzt haben lassen und die Originale
verkauft haben – keine Ahnung ob das stimmt.
Mir ist es Wurst – ich gehe
weiter nach Kagbeni. Flossi schleift brav mein Stativ samt Panoramaaufsatz.
Immer wieder fahren Jeeps und Motorräder an uns vorbei. Ich bin froh, als wir
den alten Weg erreichen und nicht mehr auf der Straße laufen. An einigen
Stellen kreuzt der alte Weg die Straße, was dazu führt, dass wir zweimal fast
vier Meter senkrecht durch das Steinfeld nach unten zur Straße klettern
mussten. Macht Spaß mit zwei Kameras am Schulterhalfter.
Endlich sind wir beim letzten
Hügel und sehen das malerische Dorf. Kagbeni liegt zwischen Felsen in einer
grünen Gerstenfeldoase. Rundherum ist es braun und kahl und in Mitten dieser
Ödnis eine grüne Oase deren Mittelpunkt ein rotes Kloster ist. Die Kontraste
sind einfach umwerfend. Dahinter das steinige Flussbett des Kali Gandaki, in
dem man immer wieder Ammoniten – also Fossile – finden kann. Morgen dann mit
Flossi auf Fossil Jagd – klingt doch witzig. Der letzte Hügel ist zwar steil,
kann uns aber nicht aufhalten. Der Wind pfeift extrem stark – heizt sich das
Tibetische Plateau ja unter Tags stark auf und wirkt dann wie ein Staubsauger.
Das Tal ist dann die Düse. In den Gassen von Kagbeni selbst hat das die Wirkung
eines Sandstrahlers. Man muss also immer darauf achten ich welche Richtung man
läuft. Durch den starken Wind singen die Strom- und Telefonleitungen. So wird
mir auch klar, wie die Indianer auf den „singenden Draht“ kamen.
Lodge beziehen und durchs Dorf latschen.
Es gibt hier eine tibetische Klinik, die Massagen und Alternativmedizin
anbietet. Ich gönne mir eine Massage. Der Tibeter meint, ich solle mir ein Öl
aussuchen und stellt mir drei Flaschen hin. Jasmin, lavendel und Wacholder
(Juniper). Ich kriege die blöden Flaschen nicht auf, um daran zu riechen.
Endlich habe ich den Jasmin offen. Der Plastikstopfen in der Flasche geht echt
schwer raus. Nur mit Gewalt und den Fingernägeln kriege ich das Ding aus der
Flasche. Beim Wacholder überlege ich mir eine andere Strategie und drücke die
Flasche fest zusammen. Blopp und der Pfropfen fliegt in hohem Bogen aus der
Flasche – eine Fontäne des Öls, die bis zur Decke spritzt und wieder auf den
Tisch tropft, hinterher. Schnell wische ich die Schweinerei mit ein paar Taschentüchern
weg. Ich entscheide mich für Wacholder, bekomme aber Jasmin – der Typ ist echt
dämlich und die Massage eher zum Vergessen. Nach der Massage rieche ich eher
wie ein Indisches Puff. Ich bin direkt froh, dass der Spuck vorbei ist. Wieder
im Hotel heißt es Abend Essen und dann muss sich Flossi um die Lodge in Lo
Manthang kümmern. Er ist schon fest am Telefonieren.
Internet? Mit NCell? Nein nur in
Muktinath. Die Schüsselbrunzer haben da echt keine Ahnung was geht und was
nicht. Wenn man fragt, ob es in irgend einem größeren Ort NCell gibt – ja
sicher. Der Turm steht ja in Muktinath und ist von Kagbeni aus weder sicht-
noch erreichbar.
Also Reisebericht schreiben,
Bilder verarbeiten und schlafen gehen.